Die Wüstenzeit: Eine Heilige Vorbereitung
- Elena Engels
- 10. März
- 4 Min. Lesezeit
In christlichen Kreisen wird oft von der „Wüstenzeit“ gesprochen. Viele verbinden damit eine Phase der Herausforderung, des Glaubensprüfens oder gar des Leidens. Die Wüste wird oft als etwas Negatives betrachtet – als eine Zeit, in der Gott uns vermeintlich verlässt oder uns durch harte Prüfungen schickt. Doch ist das wirklich so? Ist die Wüstenzeit nur eine Zeit der Entbehrung, oder steckt mehr dahinter?
Die biblische Bedeutung der Wüste
Die Wüste hat in der Bibel eine tiefgehende geistliche Bedeutung. Immer wieder begegnen wir Menschen, die von Gott in die Wüste gerufen wurden. Mose verbrachte 40 Jahre in der Wüste, bevor er berufen wurde, das Volk Israel aus Ägypten zu führen. Das Volk Israel selbst wanderte 40 Jahre durch die Wüste, bevor es das gelobte Land betreten durfte. Jesus verbrachte 40 Tage in der Wüste, bevor sein Dienst begann.

Die Zahl 40 hat eine starke symbolische Bedeutung in der Bibel. Sie steht für eine Zeit der Prüfung, Reinigung und Vollkommenheit. Die Zahl 4 selbst symbolisiert die Ganzheit der Erde (vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten), und 40 verstärkt diesen Aspekt in einer Zeit des Wandels und der Vorbereitung. Sie ist eine Zeit der Buße, der Umkehr und des Neuanfangs. Gott nutzt solche Zeiten, um Menschen zu reinigen, sie geistlich zu stärken und auf ihre Berufung vorzubereiten.
Wenn wir von einer „Wüstenzeit“ sprechen, denken viele an Entbehrung, Herausforderungen oder Momente des Zweifelns. Doch was, wenn diese Zeit in Wahrheit eine der wertvollsten Phasen unseres Lebens ist? Was, wenn Gott sie nicht als Strafe, sondern als heilige Vorbereitung sieht?
Die Israeliten haben die Wüstenzeit als eine Zeit des Wartens, der Entbehrung und der Unsicherheit erlebt. Viele meckerten, sehnten sich zurück nach Ägypten und konnten nicht begreifen, dass Gott sie nicht einfach nur befreien wollte, sondern sie auch erneuern musste. Sie hatten die Sklaverei zwar verlassen, aber die Sklaverei hatte sie nicht verlassen. Ihre Denkweise war noch die eines Volkes, das sich nicht als geliebte Kinder Gottes sah, sondern als Opfer der Umstände.

Ich beobachte oft, wie viele Christen ihre Wüstenzeiten genauso erleben: als Last, als Zeit des Stillstands, als etwas, das schnellstmöglich enden sollte. Auch in diesem Jahr sehe ich es bei vielen – sie wollen da nicht sein, sie wollen, dass es vorbei ist, sie hinterfragen, warum Gott sie da hineingeführt hat. Ich kenne diese Gedanken gut, denn auch ich befinde mich aktuell in so einer Phase. Doch ich habe gelernt, diese Zeit nicht als eine Phase des Wartens, sondern als eine Phase der Ausrüstung zu sehen. Ich habe mich bewusst entschieden, keine Vorträge zu halten, keine großen Auftritte zu planen, sondern mich in Seine Gegenwart zurückzuziehen. Und genau hier fühlt sich mein Herz lebendig an. Nicht, weil es leicht ist, sondern weil Gott in dieser Zeit spricht, formt, korrigiert und liebt.
Die Wüste ist keine Zeit des Mangels, sondern eine Zeit der Läuterung. Sie ist der Ort, an dem Gott unsere alten Denkweisen aufbricht, wo er uns lehrt, Ihm zu vertrauen, wo wir unsere Abhängigkeit von Ihm neu entdecken. Sie ist der Ort, an dem wir nicht auf das schauen sollen, was fehlt, sondern auf das, was Gott gibt.
Jesus selbst wurde in die Wüste geführt. Und was tat er dort? Er begegnete dem Vater. Er widerstand der Versuchung, sich mit dem Sichtbaren zufriedenzugeben, und lebte allein von dem, was aus Gottes Mund kam. Was, wenn wir unsere Wüstenzeit mit diesem Blick betrachten? Was, wenn wir erkennen, dass sie nicht einfach nur ein Tal ist, das wir durchqueren müssen, sondern ein heiliger Boden, auf dem Gott uns ausrüstet? In der Wüste lässt Gott uns Dinge ablegen, die wir nicht mit ins verheißene Land nehmen sollen: unsere Zweifel, unsere falschen Sicherheiten, unser altes Ich. So wie die Israeliten Ägypten verlassen mussten, so müssen auch wir lernen, unser altes Denken loszulassen. Die Wüste ist ein Ort der Entscheidung: Bleibe ich stehen und klammere mich an das, was war? Oder ergreife ich das Neue, das Gott mir zeigen will?

Doch eines ist wichtig zu verstehen: Die Wüstenzeit ist keine Strafe! Wer sie als Strafe betrachtet, hat das Evangelium nicht verstanden. Jesus Christus hat am Kreuz bereits die gesamte Strafe getragen. Es gibt keine zusätzliche Strafe für dich. Deine gestrigen, heutigen und morgigen Sünden sind bereits durch Sein vollbrachtes Werk bedeckt. Wenn du dich in einer Wüstenzeit befindest, dann nicht, weil Gott dich bestrafen will, sondern weil Er dich liebt und vorbereitet. Er zieht dich in eine tiefere Offenbarung Seiner Gnade. Die Wüste ist kein Ort des Zorns, sondern ein Ort der Verwandlung.
Schauen wir uns die Israeliten an: Sie konnten nicht glauben, dass ihnen das Land der Verheißung wirklich gehörte. Obwohl Gott es ihnen versprochen hatte, hatten sie Angst vor den Herausforderungen. Sie sahen die Riesen und sagten: "Wir waren in unseren Augen wie Heuschrecken, und so waren wir auch in ihren Augen" (4. Mose 13,33). Doch wer hatte ihnen gesagt, dass sie Heuschrecken sind? Niemand. Sie selbst hatten es geglaubt. Wie oft tun wir das auch? Wie oft sehen wir uns selbst klein, schwach, unfähig? Wie oft glauben wir, dass wir nicht würdig sind, das zu empfangen, was Gott uns geben will?

Doch genau hier ruft Gott uns heraus und spricht: "Du bist meine geliebte Tochter. Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Wohlgefallen." Die Wüste ist der Ort, an dem Gott uns unsere wahre Identität offenbart. Wo wir lernen, nicht auf unsere eigene Schwachheit zu blicken, sondern auf Seine Kraft. Wo wir erkennen, dass wir nicht durch unsere Leistung, sondern durch Seine Gnade leben.
Wenn wir mit dieser Perspektive auf unsere Wüstenzeiten blicken, dann hören wir auf, uns zu beklagen, und beginnen, sie als Geschenk zu sehen. Dann verstehen wir, dass Gott uns nicht einfach nur herausführt, sondern hinein in eine tiefere Erkenntnis Seiner Liebe. Und dann begreifen wir, dass die Wüste nicht das Ende ist, sondern der Anfang von etwas viel Größerem.
Denn er ist in uns, und wir sind in Ihm. Und das ist das größte Geschenk der Wüste: Die Offenbarung, dass wir nicht allein sind, sondern in Ihm vollkommen sind.
In Liebe, Elena
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